Vor genau 100 Tagen haben wir den Sprung auf den Sattel gewagt und velölen nun glücklich in die Welt hinaus. Das Reisen ist Alltag geworden, die Taschen sind morgens in Rekordzeit gepackt und das Zelt steht in wenigen Minuten. Viele Abläufe sind Routine, so dass Zeit für neue Eindrücke frei wird.
Einhundert Tage unterwegs, neun Länder, unzählige Tassen Tee und eine Menge Erlebnisse. Unserer Meinung nach der richtige Zeitpunkt für eine kleine Zusammenfassung:
In 100 Tagen haben wir / sind wir:
- 4’035 km geradelt
- 252 Stunden auf dem Velosattel verbracht
- 29’834 Höhenmeter (aufwärts) geschafft
- uns durchschnittlich mit 16 km/h fortbewegt
- am günstigsten Tag nur CHF 1.50 ausgegeben (sechs Simit als Zmorge und Snack)
- gelernt uns mit je mit einer 1,5l PET-Flasche zu duschen
- einen Platten geflickt
- zwei Mal unsere Weiterreise um einen Tag verschoben wegen Unwohlsein (1x Nora Schwindel, 1x Miguel Kopfweh + Erbrechen)
- nur ca. 15 PET-Flaschen verbraucht (bravo! Brunnen unterwegs und Wasserfilter sei Dank!), pro Tag trinken wir je ca. 6 Liter Wasser
- vom Südtirol bis Istanbul so viele Gewitter erlebt wie noch nie (inkl. Hagel)
- unsere Velos die steilsten Steigungen heraufgeschoben (max. 19% im Prättigau)
- Tagesdistanzen von 22 bis 120 km zurückgelegt
- Temperaturen von 5°C (Dolomiten) bis 41°C (Pamukkale) ausgehalten
- uns in Höhen von -47m (Underground City Derinkuyu) bis 2’145m (Ofenpass) bewegt
Was wir vermissen:
Nora: Meine Familie und meine Frauen, dunkles Brot, feine Backwaren und Wähen, richtig guten Rotwein, gesellige Abende mit Freunden, Frauengeschnäder & Proseccoabende, meinen Tages-Anzeiger und die NZZ am Sonntag, ständig ein gutes Buch zur Hand zu haben (in den seltenen Book Exchanges gibt es oft nur leichte „Ferienlektüren“), Apéröle am Rhein
Miguel: Den Austausch/das Zusammensein mit Freunden und Familien, die geliebte Espressomaschine (auch wenn der Kaffee aus dem „Tschinggemaschineli“ ganz ok ist), alle feinen Sachen aus den Bäckereien und Konditoreien, dunkles Brot und Butterzopf, ein gutes Glas Wein nach einem Arbeitstag während dem Kochen und zum Essen
Wir:
Wir geniessen, entdecken, träumen und leben, beobachten und lernen. Staunen und Schütteln den Kopf. Es ist wunderbar, diese Reise gemeinsam machen zu dürfen, die Erlebnisse zu teilen, immer mehr Geschichten die mit „weisch no…“ beginnen, einander zu motivieren wenn das Velo wieder mal zu schwer scheint, über Beobachtungen und Inspirationen zu diskutieren, immer zusammen zu sein und dennoch unseren eigenen Freiraum beibehalten zu können. Reisen macht uns glücklich und ruhig zugleich, obwohl wir – wie kürzlich jemand richtigerweise feststellte – etwas „restless“ sind.
Das Velo hat sich für uns als ideales Fortbewegungsmittel herausgestellt. Nach dem ersten Schock („das Velo isch soooo schwer!”) und den ersten Alpenhügeln kam dann nach und nach auch die Fitness, so dass wir uns jetzt nach 100 Tagen fitter und gesünder als je zuvor fühlen. Die Muskeln sind gewachsen, besonders an den Beinen. Mit dem Velo sind wir immer Mitten drin, sehen, hören und riechen alles, halten überall wo wir wollen. Wir werden angestarrt, angehupt, begrüsst, gefilmt, fotografiert, eingeladen, berührt, angelächelt, beschenkt. Jeder Tag bringt eine neue Überraschung, neue Menschen, andere Landschaften. Und das stundenlange Trampen lässt uns all die Erlebnisse verarbeiten.
Nach 100 Tagen hat sich auch bei uns der Alltag eingeschlichen, Miguel kocht immer den Kaffee und fährt wie ein Ührli ohne Pause und ohne Worte im stets gleichen Tempo die Pässe hoch. Ich studiere stets die Landkarte & den Reiseführer und fahre schneller den Pass hoch als Miguel, muss aber immer wieder Pausen einlegen und chli schnuufe, luege und (je nach Steigung auch flueche). Ja, so ergänzen wir uns bei vielem.
Wir haben in 100 Tagen gelernt, wie viel man mit fremden Menschen austauschen kann, ohne das man dieselbe Sprache spricht. Mit Händen, Füssen, Gesten und einem Lächeln können wir „Gespräche“ führen, Fragen stellen und beantworten. Unsere Velos wirken wie „Eisbrecher“ zwischen uns und der lokalen Bevölkerung. Die viele Aufmerksamkeit und Beobachtet-werden kann aber auch anstrengend sein, so dass wir manchmal froh sind, in einem Guesthouse zu übernachten und abends als „normal“ Reisende unterwegs zu sein. Dies wird aber länger wie schwieriger, denn schon nur hier im Osten der Türkei fallen wir auch ohne Velos auf wie bunte Hunde. Wie rasch doch 100 Tage vergangen sind! Uns faszinieren nach wie vor die Vielfältigkeit der Länder, die Kulturen, die Menschen, die Religionen, wir geniessen die Vielfalt des Essens, die Gerüche und die Lebensgewohnheiten. Wir freuen uns auf die kommenden Monate und Erlebnisse.
Warum wir weiterfahren:
- ohne schlechtes Gewissen riesige Mengen an Essen zu vertilgen
- auf schönen Plätzen inmitten der Natur zu übernachten
- weil das Kaffeekochen in den ersten Sonnenstrahlen nach einer Zeltnacht einfach ein herrlicher Moment ist
- um den Islam noch besser zu verstehen
- weil nach Tagen in der Wildnis eine Dusche der absolute Luxus ist
- Menschen zu treffen und ihre Lebensumstände versuchen zu verstehen
- weil seit fast sieben Wochen jeden Tag die Sonne scheint – Motivation pur
- weil es ein schönes Gefühl ist, aus eigener Kraft vorwärtszukommen
- weil es noch so viel gibt, was wir nicht gesehen und verstanden haben
- die Veränderung von Landschaft, Kultur und Menschen wirklich wahrzunehmen zu können, weil wir mit dem Velo langsam genug sind
- weil wir viel mehr lachen als zu Hause
- weil es ein gutes Gefühl ist, mit so wenig Materiellem leben zu können
- zu wissen, dass es viele treue Blog-LeserInnen gibt, die unsere Reise verfolgen
- uns eure Kommentare auf unsere Blogeinträge zum lachen, nachdenken und schmunzeln bringen und manchmal auch etwas heimwehig machen
Ja, das sind wohl genügend Gründe um noch etwas weiterzufahren. Übrigens haben wir eine neue Rubrik freigeschaltet: Über uns. Dort gibt es jeden Monat ein Foto von uns zwei Sportsfreunden. Danke, dass ihr seit 100 Tagen mit uns mitreist!
recht habt ihr! euch nach unserem schönen zusammentreffen in göreme davonradeln zu sehen hat uns schon neidisch gemacht, ihr habt noch so viel vor euch…! geniesst weiter jeden tag – wir werden euch gerne weiterhin lesend verfolgen und so unser fernweh balsamieren wenn der winter kommt 🙂 Herzlich,
simon & josephine
Euren letzten Satz darf auch umgedreht werden:
Danke, dass ihr uns seit hundert Tagen mit euch mitreisen lasst!
E Umarmig!
Pe
Ups, deutsch Srak schwer Sprak:
Wollte sagen: Euer letzter Satz darf auch umgedreht werden!
Wow! Dä Bricht het mi jetzt doch au wieder umghaue…so tief in euri Gedanke, Gfühl und Inspiratione dörfe inezluege isch es Gschänk! Was wohl die nöchste 100 Däg wärde bringe? Ich bi fasziniert, wie ihr trotz däm viele Reise, sooo offe sind und alles ufsuuget. Anschinend hets do immer und immer no Platz für Neus :-)!
Ich dänk jede Dag an euch und hoff fescht, dass ihr witerhin so Reiseglück händ und freue mi uf jede Bricht in de nöchste 100 Däg oder au no länger…
Umarmig
Hoi zäme, öie blog wird immer besser! I fröiemi jedesmau, we wider öppis nöis steit. U guet gschribe u u schöni Föteli! Uf das die nöchschte paar…? Hundert Täg ou so erläbnisriich blibe, u d Sunne nech witerhin tröi blibt. Liebi Grüess, mitlerwile us Bärn, Janine trittumtritt
Hey Janine, danke fürs Kompliment! Momentan simer wider uf de Spure vo TrittUmTritt, d Baustelle uf de Gezbeli-Pass gits immerno (söll no 2 Johr go), isch aber mittlerwyle scho 22km lang! Ganz e liebe Gruess!
Au, ihr liebe zwei!. Ihr verwöhnet uns jo regelrächt mit verzelle. So churz hinter enand wieder en neue Bricht. Verwöhnet uns nid z’viel, süsch hemmer denn Entzugserschiinige, wenn emol 2-3 Wuche nüt me chunt!!!! Also ich bin immer no tief beidruckt vo eurem letzte Blog, und der Gastfründschaft vo dene Lüt, wo dir dörfet erläbe. Und immer au wieder die wunderschöne Bilder! Danke, danke, danke, dass ich die 100 Tag so intesif ha dörfe mit verfolge.
Ganz lidbi Grüess Mary-Jones
Liebe Nora
Ich lese heute die NZZ am Sonntag für Dich mit! Welcher Bund interessiert Dich am meisten? Sport, Wissen, Kultur, Gesellschaft oder gar Wirtschaft? Ich lese immer als erstes die ‘Hochzeitsstories’ im Gesellschaftsteil! – und noch eine Anregung: Könnt Ihr nicht jeden Monat ein Foto von Euren Wädli machen?
Vielen Dank für die wunderschönen Fotos und Eure Erlebnisse. Es ist schön, dass ich Eure Reise mitverfolgen darf.
Liebe Monika, danke fürs für-mich-mitlesen! Ich lese am liebsten den 1. Bund, Wirtschaft, Gesellschaft und Wissen..das ist schon fast die ganze Zeitung! Hihi nein, die Wädli bleiben privat, glaube so fest verändern die sich doch nicht 🙂 Liebe Grüsse Nora
Sali zäme
Super Zämefassig! Aso s’feine Brot us der Schwiiz vermisse eg ou emmer im Usland.
För die nöchschte 100 Täg wönsche eg euch wiiterhin e schöni Zyt mit vele positive Idrück (huch, wie schriibt me das uf Mondart… Eindrücke) ond Begägnige.
E liebe Gruess
Claudia
Ihr Liebe
E so e schöni Zwüschebilanz und WOW scho hundert Tag!!! Es isch eifach unglaublich, euri Reis eso noch dörfe mitzerläbe – e Hoch ufs Technologie-Zitalter! Und die Bilder mit de Heissluftballon… ich ha keini Wort. Ich denk viel an euch (au wenn i mi nie mäld ich treulosi Tomate..) und verzell jedem wo sich abietet mit viel Stolz vo euch beidne…
big hug, Lidia
Härzlichi Gratulation zu dä erste 100 Tag und vile Dank für die geniale Reisebericht!
Ich bi gespannt, was dir witer dörfet erläbe und freu mi jedes Mol wenn wider ä neue Bricht uf em Monitor erschint.
Grüessli
Barbara
Mini liebe Radlers, sone spezielle Itraag! Är het mi wie immer immer zum schmunzle brocht, diesmol het är mi aber au e bitzeli druurig gmacht…scho 100 dääg ewäg und no soooo vieli Dääg wo ihr wäg bliebed! Aber es duet guet z’wüsse dass Ihr glügglich sind! Dangge für die viele Idrügg wo Ihr uns do uf däm Blog hinterlönd, dangge dass mir dörfe mitreise, dangge, für dr Ibligg in Euer Gfüühlsläbe und dangge, dass ihr aim mit däm Blog s’Gfüühl gänd, zwor wit ewäg aber glych noch z’si! Miss you!