Wir sind in Antalya angekommen und erleben gegenwärtig eine etwas andere Türkei als wir uns bisher gewohnt waren. Mittlerweile sind Sommerferien und nicht nur viele Türken verbringen ihren Urlaub im Süden des Landes, sondern natürlich auch ganz viele Westeuropäer. Während die Engländer die Partyorte Marmaris und Bodrum vorziehen, treffen wir hier in Antalya auf sehr viele Deutsche und Schweizer. Die Altstadt Antalyas ist bis zum Bersten gefüllt mit Pensionen und “Butik”-Hotels – jedes davon glaubt leider seine Gäste mit Entertainment berieseln zu müssen, weshalb ich auch jetzt gegen Mitternacht unseren Blog update, da unter unserem Fenster eine Liveband schmalzige englischsprachige Klassiker (mit türkischem Akzent) zum besten gibt.
Das Wochenende davor verbrachten wir in Pamukkale, am Fusse des anatolischen Plateaus. Die kleine Stadt besitzt eine grosse Attraktion – die Sinterterrassen aus Kalkstein, welche vor langer Zeit durch kalkhaltige heisse Quellen entstanden. Das heutige UNESCO Weltkulturerbe wurde bereits von den Römern genutzt, welche das ursprünglich von den antiken Griechen gegründete Hierapolis oberhalb der Terrassen übernommen hatten. Die schneeweissen Terrassen inmitten der kargen Berglandschaft erinnerten uns schrägerweise an Schneeberge, wenn da die enorm heissen Temperaturen von fast 40°C nicht gewesen wären.
Da unser Besuch in Pamukkale auf ein Wochenende fiel war das Dörfchen überlaufen mit türkischen Touristen, die sich im Badeanzug mit Kind und Kegel in die mit warmen Wasser gefüllten Terrassen stürzten, welche zum Baden freigegeben waren. Auf der kleinen Zufahrtsstrasse drängten sich Hunderte von Autos und Minibussen sowie ganze Reisecars mit vorwiegend asiatischen Touristen hupend vorwärts. Dazwischen beobachteten wir Hochzeitspaare, die mit einem armen Kamel das einen albernen Strohhut aufhatte, vor den weissen Terrassen posierten. Ein riesiger ungewohnter Tourismus-Zirkus von der übelsten Sorte.
Am darauffolgenden Montag war wieder Ruhe eingekehrt und es blieben nur die mühsamen Restaurant-Touts, welche uns zu überzeugen versuchten, dass ihr Restaurant das Beste des Dorfes sei. Mit einem lässigen “Hajer, teschekkür ederim” (Nein, danke) konnten wir die meisten schnell zum verstummen bringen – Türkischkenntnisse hatten sie bei uns wohl nicht erwartet. 😉
Von der grossen Stadt Hierapolis ist heute nicht viel mehr übrig als das Theater und einige weitere Ruinen und Grabmale. Ganz anders war da unser vorgängiger Besuch in Ephesus. Nicht umsonst ist das bekannteste türkische Bier (Efes) nach der antiken Stadt benannt, welche vor rund 2’000 Jahren ihre Blütezeit erlebte. Die Stadt hatte damals 250’000 Einwohner und war ein wichtiger Standort in der frühen Geschichte Kleinasiens. Die heute noch zahlreichen sichtbaren Überreste liessen uns lange einfach nur dasitzen und über die unglaublich reiche Geschichte dieses Ortes nachgrübeln. Die bekannte Fassade der Bibliothek war dabei genauso faszinierend wie das riesige Theater oder der St. Maria-Kirche. Gerüchte halten sich hartnäckig, dass Maria Magdalena nach Jesus’ Tod zusammen mit Johannes nach Ephesus gekommen und auch hier ihren Lebensabend verbracht haben soll. Diese Theorie ist jedoch umstritten. Sicher jedoch ist, das Johannes und Paulus in Ephesus begannen, die neue Religion zu verkünden. So soll Johannes auch sein Evangelium auf einem nahegelegenen Hügel niedergeschrieben haben – dort, wo jetzt sein Grab liegt.

Das Theater von Ephesus fasste 25’000 Personen und konnte bereits vom Hafen gesehen werden – damals lag das Meer jedoch näher als heute
Die Tage davor verbrachten wir in Izmir, der drittgrössten Stadt der Türkei. Die Stadt an und für sich hat uns nicht überzeugen können. Sie hatte für uns jedoch einen wichtigen praktischen Wert. So kam es nämlich, dass in Izmir eines meiner Objektive definitiv kaputt ging. Da es das hauptsächlich verwendete Objektiv war, mussten wir es entweder reparieren lassen oder ein neues kaufen. Glücklicherweise trafen wir in unserem Hotel auf die sympathischen Berner Luisa und Gabriel, denen wir die defekte Linse glücklicherweise mit nach Hause geben konnten. So kamen wir um einen kosten- und nervenaufreibenden Versand mit der türkischen Post herum. Danke nochmals herzlich euch beiden für eure Hilfe! Ihr seid super!
So, das defekte Objektiv war somit in guten Händen, aber woher kriegen wir nun ein Neues? Onlineversand? In die Schweiz bestellen und dann postlagernd in die Türkei schicken lassen? Versichert? Einen MediaMarkt oder dergleichen suchten wir jedenfalls vergeblich. Noras Intuition löste dieses Problem jedoch noch am selben Abend. Nach dem abendlichen Besuch in einem türkischen Lokal schlug sie einen alternativen Nachhauseweg vor, der uns prompt an einem Fotofachgeschäft vorbeiführte. Und der Knüller dabei war, dass er genau dasselbe Objektiv tatsächlich im Laden hatte! Wir wurden schnell handelseinig und schon waren alle Probleme an einem einzigen Tag gelöst! Süper!
Die Strecke zwischen Pamukkale und Antalya führte uns hoch aufs Plateau, wobei wir am ersten Tag ca. 1000Hm auf wenige Kilometer zu bewältigen hatten. Die Strassen sind jedoch sehr gut ausgebaut und die türkischen Verkehrsteilnehmer sind sehr gnädig mit uns Veloreisenden, halten sie doch meist einen grosszügigen Abstand ein. Wieder einmal änderte sich die Landschaft, von der trockenen und heissen Küste erreichten wir die fruchtbaren Ebenen auf 1200m.ü.M. – die Temperaturen wurden wieder etwas gemässigter. Unseren Tagesablauf mussten wir trotzdem den neuen klimatischen Gegebenheiten hier im Süden des Landes anpassen. So stehen wir jeden Tag um 6 Uhr auf damit wir möglichst früh loskommen, um den Grossteil der Tagesstrecke noch vor dem Mittag abdecken zu können. Im Idealfall haben wir bis dann bereits 80-100km hinter uns und können uns bereits nach einem Schlafplatz umsehen. Ansonsten machen wir einige Stunden Pause im Schatten, essen und dösen etwas und fahren dann nach 15 Uhr nochmals soweit wie wir mögen. Tankstellen haben sich mittlerweile als ideale Zeltplätze erwiesen. Diese sind immer 24h offen, meist ist irgendein Stück Rasen vorhanden auf dem unser Zelt Platz findet und Toiletten stehen auch zur Verfügung. Dass wir jeweils unseren Benzinkocher auf dem Tankstellengelände in Betrieb nehmen stört auch niemanden. Im Gegenteil, mittlerweile ist Ramadan und der Muslim darf zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang nichts essen und trinken. Ist die Sonne jedoch erst mal unten, versammeln sich die Menschen um gemeinsam zu essen – so auch auf den Tankstellen. Die Tankstellenwarte stellen Tische auf, werfen ihrerseits den Gasbrenner an und laden uns immer dazu ein, mit ihnen zu essen. Leider haben wir zu dem Zeitpunkt jeweils bereits unseren riesigen Velohunger stillen müssen und sind schon halb im Schlafsack – was den Türken natürlich nicht daran hindert, uns zwei Gläser eiskaltes Fanta oder ein ofenfrisches Fladenbrot vorbeizubringen.
Auch wenn der Ramadan nicht für Reisende gilt haben wir immer ein bisschen ein schlechtes Gewissen, vor den Menschen zu trinken oder zu essen. Wir versuchen dies immer möglichst unauffällig zu tun um kein Aufsehen zu erregen. Interessanterweise wird der Ramadan je nach Ortschaft unterschiedlich gewertet. In liberaleren Orten scheint es keinen Ramadan zu geben, während in den konservativeren Gegenden die Männer tatsächlich mit mitgebrachten Stühlen im schattigen Park sitzen anstelle im Stamm-Lokal bei Cay. Wir können uns indes nicht vorstellen, wie die Menschen die auf den Feldern ihrer Arbeit nachkommen, bei dieser Hitze ohne Wasser auskommen sollen. Übrigens sind die Feldarbeitenden meist Frauen, während die Männer im öffentlichen Leben präsenter sind. In den Städten kann beinahe schon von Gleichberechtigung gesprochen werden, auf dem Land haben jedoch klar die Männer das Sagen. Ich werde dabei immer als erster angesprochen, mir gibt man die Hand zum Gruss, für Nora bleibt meist nur ein freundliches Nicken übrig. Menschen reagieren perplex wenn Nora eine an mich (uns) gestellte Frage beantwortet oder ihrerseits eine Frage stellt. Langsam müssen wir uns daran gewöhnen, diese Unterschiede werden weiter gegen Osten immer stärker zu spüren sein.
Die kommenden Tage werden wir also im feuchtheissen Antalya verbringen bevor wir uns dann wieder aufs Plateau begeben und das wunderbare Kappadokien besuchen werden. Momentan läuft auch unser Visa-Antrag für den Iran. Wir hoffen, dass wir dieses problemlos erhalten. Einigen Quellen zufolge sei es nun nach den Wahlen etwas schwieriger geworden, ein Visa zu bekommen. Wir werden sehen.
Ganz liebe Grüsse und schöne Sommerferien! Und immer brav das Velo benützen (Bravo Barbara!) 🙂
Hallo ihr zwei liebe!
Gerade geniesse ich den letzten Beitrag in mir bekannten Gefilden und freue mich auf von nun auf Berichte aus unbekannten Landen. Ihr berichtet von einer Türkei, wie wir sie auch schon erleben durften, voller Gastfreundschaft und wunderbaren Begegnungen. Antalya hat mir soweit gut gefallen, aber besonders unsere Routen der lykischen Küste (zB Kekova, eine versunkene Stadt) entlang bleiben mir in bester Erinnerung. Pamukkale haben wir leider nopch nicht gesehen, dies steht aber auf alle Fälle auf der “noch-zu-besuchen-Liste”, gerade nach diesen tollen Fotos!
Ich wünsche euch weiterhin eine wunderbare, unfallfreie Reise voller wundervoller Eindrücke!
Hebets guet, en Umarmig!
Peee
Hurra, jetzt konnte ich euren Blog öffnen (auch noch ohne neuen PC), wäre sonst jammerschade gewesen wenn ich diese unglaublich schönen Bilder nicht hätte sehen können. Bei dem aus Pamukkale mit dem Sonnenauf-oder untergang? konnte ich einfach die Augen nicht davon lassen, so schön! Auch die alten Gemäuer (Theater ect.) haben es mir angetan. Was für eine schöne Türkei! Toll, dass ihr das erleben dürft, und dann noch zelten neben den Tankstellen! einfach super für euch. Macht weiter so und danke für das Mail. Ganz liebe grüsse Mary-Jones
Sali zäme
Also diese lange unendlich aussehende Strasse…, das wäre nichts für mich gewesen! Aber ansonsten wieder wunderschöne Bilder 🙂 Übrigens musste ich bei eurem Bericht sehr schmunzeln. Die Erfahrung, dass ich etwas komisch angeschaut wurde, weil ich eine Frage beantwortet habe, kenne ich nur zu gut 😉 Gerade geniessen wir in der Schweiz die warmen Sommertage. Das tut sooo gut nach dem langen Winter und kühlen und verregneten Frühling. Wenn ich nicht arbeite, verbringe ich daher jede freie Minute im Freien.
Ganz liebe Grüsse und… hebet wiiterhin Sorg
Claudia
Hallo ihr zwei Lieben,
Euer Reisebericht ist wieder wie immer sehr interessant und die Fotos einfach super.Ich bewundere Euch wie Ihr trotz grosser Hitze so weite Strecken noch mit hohen Pässen bewältigen könnt. Auch ich geniesse das tolle Sommerwetter wenn möglich beim Baden mit einem kühlen Bassin.Momentan schwitzen wir aber gerade am Tattoo. Ich freue mich auf weitere Berichte..e liebi feschti Umarmig. Rita
Huhu Travelos!
Au ich bedank mich für die schöne Bilder! Wow! Vor allem die vo Pamukkale…das mues jo würklich idrücklich sii. Suti: Kratzt dr Bart nonig oder isch är scho wieder wäg :-)?
Gäbet euch Sorg!
Huhu Bone,
Der Bart ist noch da, kratzt aber eher Nora als mich (was sie überhaupt nicht toll findet) 🙂 .
Liebe Grüsse!
Huch, die armi Nora 🙁 I däm Bart duet sech doch ome s’Ungeziffer sammle…, aso gfallsch mer scho chli besser ohni 😉
Hallo zäme.
Wiedermol e super Blog!!! Mega tolli, iidrücklichi Fötteli Suti, BRAVO!
Au d Bildbeschriibig: ” das soll ein Döner sein….” -> 😉 Hend glaub nöd ganz alli verstande.
drum: http://www.youtube.com/watch?v=An_-JBbMxdU
mit de beschte Gruäss
bliibed unfallfrei
Bob
Huhu!, abgsee vo de wie immer sensationelle Föteli und em megatolle Bricht (danggeeeee!!!) muess ich mi grad dr Mirjam aschliesse, ich ha nämlig öpe s’Glyche dänggt, wägem Räuber-Bart Miggeli! hahaha! Ich ha dänggt, Du hoggsch ame schön gmietlich irgendneume im Schatte bime Barbier und losch Di rasiere 🙂 tschüüüsss ihr Liebe, take care!
Gugus ihr zwei! Wow! Wie schön wieder vo euch zläse und die tolle Bilder! Froge wies euch goht erübrigt sich do :). Und jä, auch ich ha als erst vor mi ahne gmurmlet: läck michi hesch du e lange bart :))).
@nora: es laaaangs, sehr usfiehrlichs Mail folgt ind dä negste däg! Gut Ding will Weile haben.
Hugs, Anina
Wow..! Euer Blog verursacht Gänsehaut – so toll! Wir sind nach weiteren 2 Wochen Türkiye und überstandenem Gurtenfestival nun wieder im Alltag angekommen, da tun eure Erzählungen richtig gut:)
Das Objektiv schicken wir die nächsten Tage ab (das Neue macht allem Anschein nach auch super Fotos!)
Herzliche Grüsse aus Bern, Luisa und Gabriel