«Haben Sie keinen normalen Koffer?!» fragt uns der Check-in Angestellte leicht entnervt, dessen Schalter wir schon seit 30 Minuten besetzen. Eigentlich ist seine Schicht beendet und er wollte nur noch einen Passagier abfertigen vor Feierabend und da stehen wir vor ihm: Keine Kofferpassagiere, sondern fünf kreative Gepäckstücke und 3 Velokartons. Er muss zuerst die Covid-Einreisebestimmungen für die Kinder für Singapur überprüfen und telefoniert lange. Dann unsere Gepäckstücke abfertigen. Und als er denkt, dass er’s geschafft hat und uns die Boardingpässe übergibt, weisen wir ihn darauf hin, dass da noch drei Velokartons stehen. Er kann es kaum fassen, muss mit Turkish Airlines prüfen ob diese angemeldet sind (Telefon: ja, das sind sie) und verlangt dann 3×90 Euro von uns für die Velokartons. Wir erwidern, dass diese schon bezahlt sind und er überprüft auch dies noch einmal (Telefon: Ja, das sind sie). Endlich haben wir alles erledigt und können ihn in den Feierabend entlassen – dies hat er verdient nach uns! Schnell noch die Velokartons zum Cargo-Gepäckschalter bringen, uns herzlichst verabschieden, eine letzte Umarmung und Tränen, dann durch den Handgepäckscan und schon im Flugzeug. Viel Zeit bleibt nicht mehr und wir verlassen Basel bei strömenden Regen. Hoffentlich werden die Velokartonkisten nicht nass beim Einladen!

Viele Stunden später kommen wir in Singapur an, es ist schon Abend lokale Zeit. Wir suchen unsere Gepäckstücke zusammen. Die Velokartons haben leider stark gelitten, da sie wohl in Basel tatsächlich noch im Regen standen. Die verbeulten Kartons und einen Grossteil unseres Gepäcks lassen wir im Left Luggage und gehen nur mit leichtem Gepäck in die Innenstadt. Davor verlieren wir aber noch viel Zeit, weil wir beim Einreiseschalter dummerweise mein Telefon liegen gelassen haben und alles zurück laufen müssen, um es wieder ausfindig zu machen. Zum Glück wurde es bereits beim Lost&Found abgegeben und wir können es erleichtert wieder in Empfang nehmen.
Und dann endlich, raus aus dem Flughafen und sofort fangen unsere Herzen schneller zu schlagen an: da ist der Duft von Asien…schwere, feuchte Luft…es riecht nach Essen und Blumen, als ob die Feuchtigkeit den Duft von allem noch verstärkt. Wir sind überglücklich wieder hier zu sein, das Herz wird leicht und wir lachen uns an. Vor acht Jahren waren wir hier, damals zu Zweit mit unseren Velos und im Gepäck die grosse Freiheit, Leichtigkeit, Unabhängigkeit und dem Gefühl, genau das Richtige zu tun im Leben. Und nun zu Viert, das sind vier Bedürfnisse, aber auch vier Eindrücke die gewonnen und miteinander geteilt werden. Spätabends essen wir im Lokal um die Ecke Naan Brot, Channa Masala und Daal und wir fangen die Eindrücke der Mädchen ab: Dieser Mann isst ja mit den Händen! Gibt es kein Besteck? Kommt das Naan Brot aus diesem Feuerofen? Die Busse sind ja doppelstöckig! Warum haben alle schwarze Haare? Und Sarina fragt alle drei Stunden: Sind wir jetzt schon in Sulawesi?

Den Stopover in Singapur nehmen wir gemütlich, der Jetlag plagt uns und an das Klima müssen wir uns noch gewöhnen. Nach zwei Nächten geht es zurück zum Flughafen, zusätzlich haben wir ein paar Rollen Klebeband und einige kleine Kartonstücke mit dabei und flicken um 7 Uhr morgens notdürftig die Velokisten, die wir aus dem Left Luggage geholt haben. Alles wieder auf die Gepäckwägeli, dann zum Check-in für unseren nächsten Flug nach Manado. Flugreisen mit dieser Anzahl und Grösse von Gepäck sind sehr anstrengend und die Wege sind lang am Flughafen Singapur. Das Check-in klappt dafür schneller und schon bald sind wir unterwegs nach Sulawesi.
«Selamat Datang» heisst es am Flughafen Manado, alles wirkt improvisierter und unkomplizierter als in Singapur. Wir fühlen uns sofort wohler hier. Auf dem Plastikstuhl werden die Impfzertifikate geprüft sowie die Temperatur gemessen und von Hand in einem grossen Buch notiert. In der nächsten Halle dann die Einreisebehörde. Dort wird es schon ein erstes Mal sehr typisch indonesisch, denn der Indonesier neben uns lacht lauthals los, als der Beamte Miguel bittet, für die Gesichtskamera etwas in die Knie zu gehen (da er bei seiner Grösse wohl nur sein Kinn auf dem Foto sieht). Wir lachen mit, es sieht ja wirklich lustig aus! Danach noch zu den Zollbeamten kurz vor dem Ausgang. Diese nehmen ihre Arbeit sehr ernst (oder es verplatzt sie fast vor Neugierde), denn sie wollen unbedingt, dass wir unsere Velokartons öffnen. Und zwar nicht nur einen, sondern alle drei. Immerhin organisieren sie Klebeband, damit wir die Kartons nachher wieder schliessen können. Zudem wollen Sie unbedingt alle unsere, jeweils mit Folie umwickelten Gepäckstücke öffnen. Wir lenken sie ein wenig mit ein paar technischen Details der Velos ab und kommen so darum herum – sie fragen aber noch, ob wir denn nicht wenigstens ein Foto vom Inhalt hätten.
Es ist wunderbar, zurück in Indonesien zu sein! Das Lachen, die Freundlichkeit der Menschen, die Neugierde, das Unkomplizierte und die Gelassenheit – wir fühlen uns sofort wohl. Ein warmes Gefühl im Bauch vor Glück, Ungläubigkeit, dass wir nun tatsächlich endlich hier sind, dem Privileg eine solche Reise machen zu können, diese Dankbarkeit hier zu sein und dies erleben zu dürfen. Wir sind wieder voll da, zufrieden, erfüllt, entspannt, glücklich ohne Pläne und Termine, immer draussen und berührt von den vielen Reaktionen, die wir auslösen. Wir können es kaum glauben, dass wir vor wenigen Tagen noch in der Schweiz waren und sich dieses Gefühl von angekommen sein so rasch einstellt. Aber da wir schon viele Monate in diesem Land verbracht haben, stellt sich dieses Gefühl sicherlich nochmals schneller ein als wenn wir in einem uns unbekannten Land wären.

Wir verbringen einige Tage in Tomohon, einem kleinen Städtchen in den Bergen oberhalb von Manado. Der Jetlag legt sich und die Energie tagsüber steigt. Wir sind froh, als wir beim Zusammenbauen der Velos feststellen, dass sie keinen grösseren Schaden vom Flug erlitten haben. Auch das durcheinandergewürfelte Gepäck sortieren wir neu in die Velotaschen. Die Mädchen spielen im Garten der Unterkunft, wo Kurkuma, Ingwer, Zimt, Nelken, Pomelos, Papaya, Bananen und Soursop wachsen. Sie geniessen das Draussen sein, sind erstaunt wie grosse Blätter, Schmetterlinge und Bäume es hier gibt, wie alles grün ist, fragen sich warum alle immer hupen oder wieso es so viele Motorräder gibt. Wir spazieren durch die Stadt, werden immer wieder angesprochen, um ein Selfie gebeten, die Kinder werden manchmal angefasst und wir merken, wie sie dies seltsam finden. Wir versuchen ihnen zu erklären, dass sie mit ihren hellen Augen und Haaren hier auffallen, weil alle dunklere Haut und schwarze Haare haben. Das verstehen sie, und Amira muss fast schon lachen als sie einer Gruppe Mädchen zurückwinkt, die ihr Hello zugerufen haben: Ihr Winken löst ein Begeisterungssturm aus, die Mädchen kichern und kreischen und Amira meint: Hö, ich ha doch nur gwunke?! Dass wir hier Reaktionen auslösen, haben sie beide rasch bemerkt und gehen von Tag zu Tag besser damit um. Sie merken wohl auch, wie entspannt wir damit umgehen. Hier ein Hello zurück, dort ein Winken, ein angelacht werden und zurück lachen, dann ein Foto, ein kurzer Schwatz so gut es unser Indonesisch (oder ihr Englisch) zulässt. Es ist schön, so mittendrin zu sein und so viel Kontakt zu den Menschen zu haben.







Charlie, der Besitzer der Unterkunft, ist ein Fundus an Informationen für uns. Da er viele Jahre in Singapur studiert und gearbeitet hat, ist sein Englisch hervorragend. Wir stellen ihm Frage um Frage über Indonesien und beantworten ihm im Gegenzug alles über unsere 3jährige Veloreise und diese jetzt in Sulawesi. Er kann kaum glauben, was wir vorhaben, und dass erst noch mit den Kindern! Er nimmt uns am Sonntag mit auf einen Ausflug mit seiner Familie, wir besuchen ein Dschungelkaffee, danach einen Aussichtspunkt und besteigen noch den Vulkan Mahawu. Grosszügig bezahlt er alles und lässt uns keine Chance, auch nur den Kaffee oder das Parkingticket zu begleichen. Es ist ein schöner Tag und der Austausch mit ihm ist sehr bereichernd.



Und dann ist es soweit, endlich kommt der Tag und wir bepacken unsere Velos. Wir sind bereit zum losradeln, Amira und Sarina freuen sich ungemein das zu erleben, was sie bei uns zuhause auf den Fotos gesehen haben. Das ganze Personal der Unterkunft ist dabei, als wir Tasche für Tasche montieren, die Kindervelos ans Follow-me hängen und auch noch die Ballone (!) obendrauf schnallen. Diese können wir nicht zurücklassen, meint Amira. Immerhin wiegen sie nichts!


In der Unterkunft fanden sie bald heraus wie gerne wir Kaffee trinken und so lassen sie uns nicht ohne Kaffee ziehen – noch kurz aufgebrüht, dann in zwei Isobecher abgefüllt und uns mit den besten Wünschen in die Hand gedrückt…wiegt etwas mehr als die Ballone, aber nein sagen können und wollen wir nicht! Und so verabschieden wir uns, rollen los auf die indonesischen Strassen und sind einfach nur glücklich, wieder auf unseren Velos unterwegs zu sein und das erst noch in diesem wunderbaren Land. Die Aufmerksamkeit ist gross und Amira und Sarina übernehmen das «Hello» und Winken, während wir trampen. Sie sind beide sehr fröhlich und es gibt immer etwas zu sehen für sie.






Schon bald werden wir das Meer erreichen und möchten der Küste entlang in Richtung Gorontalo radeln. Überglücklich, wieder auf Rädern unterwegs zu sein, leben wir nun von Tag zu Tag und sind gespannt, wohin und zu wem alles uns die Reise bringen wird.
Wow! Ich freue mich beim Lesen gerade unglaublich für und mit euch!
Alles Gute und eine wunderschöne Zeit in Asien.
Liebe Grüsse, Roger
Soooo schön vo euch und euche erste Abentüür z läse! Ich freu mi so fest mit euch. D Amira het so rächt, die tolle Ballön cha me uf kei Fall zruggloh…:) !
Alles Liebi und macheds guet
Sara
Danke für eure Bricht! Wunderbar!
Ein einziger Genuss, mit Euch zu “reisen”/radeln!!! Zu allen Ab-und Anflug-Widerwärtigkeiten habt Ihr den Humor im Gepäck- und Zoll-Wirrwarr nicht verloren (z.B. die Giraffe). Sehe grad, dass diese Insel aus lauter Vulkanen zu bestehen scheint…. Wow! Die Fotos absolut TOP!!!!! Und wem immer von Euch die Texte schreibt, ein riesengrosses Dankeschön, dass Ihr dafür noch Zeit findet, ist grossartig…..
Tuusig Umarmige, bis zum nächschte Mool.
Maria
Es macht so Spaß ein wenig an eurer Reise teilhaben zu können. Wir sind sehr gespannt wie’s weiter geht.
Liebe Grüße von Katja und Dominik
Ihr Lieben
danke für euren farbigen Bericht aus diesem so vielfältigen Insel-Land Indonesien. Ja, da trefft ihr – aus Helvetien stammend – einmal mehr auf liebe Menschen aus einer ganz anderen Kultur. Ich freu mich sehr mit euch und auch, dass eure Töchter, Amira & Sarina, schon im frühen Kindesalter diese wunderbare Welt mit ihren Schönheiten, aber auch Andersartigkeiten, erleben dürfen! Und alles langsam…mit dem Velo!!
Geniesst es nach dem Motto: “Trinkt, was die Wimper hält, von dem goldnen Überfluss der Welt”!
Bhüet euch Gott!
Guido
Ihr liebe vier Velotouris. So ein schöner und lebendiger Bericht, ha fasch s Gfühl, i bi drbi. Ihr wirked so gelöst und glücklich bi däm gemächliche vorwärts cho. Ha uf dr Charte grad müesse luege, wo ihr jetzt unterwägs sind… I dänk vill an euch und wünsch eui ganz vill positvi und bericherndi Erläbnis und Begägnige und freui mi scho ufe nöchschti Bericht.
Siged umarmt
Ganz es liebs Grüessli us dr chalte Schwiiz
Wir haben euren Reisebericht atemlos und mit freudigen feuchten Augen gelesen. Jetzt wird es aber Zeit für ein Buch; …man die sollen endlich ein Buch schreiben… sagt Gisela. Ja, die Art des Schreibens und die fantastischen Fotos, haben uns mitgenommen und sehr berührt. Wir freuen uns so sehr mit euch und das wir das alles durch euch, unsere lieben Freunde, noch “erleben” können und dürfen. Es freut uns auch das es so klappt mit den blonden ” Engelchen” und das sich alle über eine Begegnung freuen.
Macht weiter so, ganz herzlich die Berliner Gisela und Achim
SALAMAT PAGI
Hallo ihr Liebe,
Schön zu hören, dass ihr gut in Indonesien angekommen seid ohne grössere Probleme.
Ihr seht alle sehr glücklich und zufrieden aus. Es ist ja auch super mit der ganzen Famile
ein so grosses Abenteuer zu erleben. Ich wünsche Euch, dass es weiterhin so gut weitergeht und Ihr noch viele schöne Begegnungen habt.
Grosse Umarmung und liebe Grüsse aus dem kalten, trüben Basel.
Rita
Wooow, sehr tolle Fotos! Muss unglaublich sein mit der ganzen Familie inkl Fahrräder! Geniesst die Zeit und passt auf euch auf.
Gruss tomi
Toll, ich reise durch eure Berichte gerade ein bisschen mit und kann auch dem grauen Basler Wetter entfliehen 🙂 So schön, von euren Erlebnissen zu lesen! Geniesst diese wunderbare Zeit, passt auf euch auf und habt viel Spass!