Und wieder einmal heisst es Abschied nehmen. Der Iran hat uns willkommen geheissen, berührt, zum Nachdenken gebracht, fasziniert, gefordert und immer wieder überrascht. Die zwei Monate in diesem Land sind unglaublich schnell vergangen und amüsiert denken wir an die ersten Tage in Tabriz zurück, wo wir in diesem kulturell so unterschiedlichen Land recht überfordert waren. Nicht dass wir uns jetzt anmassen, die iranische Kultur zu verstehen. Aber der Reisealltag im Iran ist normal geworden, die zu Beginn ungewohnte Kultur wurde jede Woche gewohnter. Und nun ziehen wir wieder ein Land weiter, und einmal mehr fällt es besonders mir schwer, weiterzugehen. Miguel schaut wie so oft nach vorne, freut sich auf das Neue, ist anpassungsfähiger, während ich mich immer sehr schwer tue mit Abschiednehmen wenn es mir irgendwo gefällt und länger brauche, um mich auf das Neue einzustellen.

Kulinarisch hat uns der Iran nicht überzeugen können. Hier einer der unzähligen Chelo Juje Kebab (Reis mit Pouletspiessen)
In Kerman, unserem letzten Stopp bevor wir an die Küste fahren, werden wir von den Iranern und Iranerinnen nochmals herzlich willkommen geheissen. Welcome to Iran, Welcome to Kerman, Thank you for coming to Iran heisst es immer wieder. Wir nennen es bald die Stadt der Schleicher, denn die Autos fahren immer in velogeschwindigkeit vor, neben oder hinter uns her, unbeeinträchtigt davon, dass dies den eh schon chaotischen Verkehr noch chaotischer macht. Aus dem Autofenster wird nach dem Woher gefragt, bekommen wir Congratulations oder Bravo, bravo zu hören und werden oftmals über kürzere oder längere Strecken schleichend begleitet. Auch zu Fuss gibt es immer wieder Personen, die vor uns gehen, uns an der fremden Sprache als Ausländer erkennen, sich umdrehen, danach langsamer gehen damit wir sie überholen und sie uns noch von hinten anschauen können. Ja, auch an das Beobachtet werden haben wir uns gewöhnt.
Der Iran hat uns eine neue Dimension von Gastfreundlichkeit aufgezeigt. Mit einer Offenheit, Herzlichkeit und besonders auch Grosszügigkeit wurden wir Ausländer aufgenommen und willkommen geheissen. So wohl haben wir uns noch in keinem Land gefühlt, überall wurden wir freudig begrüsst, begleitet, verwöhnt und umsorgt. Auch wurden wir bei Einladungen immer sofort in die Familie integriert, die ja im Iran einen besonderen Stellenwert geniesst. Im Iran geht man nicht verloren, überall findet sich ein freundlicher Iraner oder eine Iranerin, die uns ungefragt weiterhilft, uns den Weg zeigt, uns zum Eingang führt (und dann den ganzen Weg wieder zurückläuft), uns eine Weile auf dem Mofa begleitet, uns eine Person findet, die englisch spricht. Diese Hilfsbereitschaft hat uns viele Male beeindruckt und auch zum Nachdenken gebracht, wie es in der Schweiz um die Offenheit, Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft steht.
Viele Male wurden wir zum Tee, zum Essen oder zum Übernachten eingeladen, mit Früchten beschenkt und immer wieder mit Telefonnummern eingedeckt, sollten wir eine Frage oder Probleme haben. So haben sich in den letzten acht Wochen unzählige Nummern angesammelt, die nur einen kleinen Teil aller Kontakte und Begegnungen darstellen. Ständig haben wir Fragen beantwortet, oftmals die gleichen: Nach dem woher und wohin? Verheiratet? Kinder? Warum nicht? Beruf? Alter? Unsere Meinung zum Iran? Schwieriger zu beantworten waren Fragen nach unserem Einkommen, dem Preis der Velos und eine Antwort auf Are you rich? zu geben. Nachdenklich machte uns die Frage Love marriage or arranged marriage?, gestellt von einem Pakistani.
Immer wieder gab es auch lustige Momente. So rätselten wir einmal, was wohl auf dem Busticket im Feld Name hineingeschrieben wurde. Auf Persisch können wir nur gerade die Zahlen entziffern, alle Buchstaben bleiben für uns unlesbar. So wundern wir uns, was dort wohl steht, denn nach unseren Namen haben sie uns beim Kauf nicht gefragt. Zwei junge Iraner, die wir im Hotel treffen und denen wir das Ticket zeigen, fangen an zu lachen und meinen: Your name here is Mr. Tourist! Ok, alles klar. Dabei sind die Iraner und Iranerinnen oft sehr kreativ mit unseren Namen: Nora lieben sie, kommt mein Name doch vom arabischen Nur, so dass ich hier ganz einfach Nura bin und alle sich meinen Namen merken können. Miguel hingegen ist meist Maykl (und wird auch so geschrieben!).
Nicht immer war die iranische Kultur leicht zu verstehen. Andere Werte, Denkweisen, Vorstellungen und Traditionen bringen uns immer wieder dazu, unsere zu überdenken. Ein Beispiel: Im Hotel werden immer die Pässe abgegeben. Bei mehreren Gelegenheiten wurden wir später vom Personal gefragt, ob wir verwandt seien? Bruder und Schwester? Uns verwirrte diese Frage immer. Haben wir uns in all den Monaten äusserlich so angeglichen?! Bis wir (etwa nach sechs Wochen) herausfanden, dass im Iran nur blutsverwandte Familienmitglieder den gleichen Nachnamen tragen. Verheiratete Paare behalten ihren eigenen Familiennamen. Und da Miguels Nachname „Suter von Däniken“ ist, dachten wohl alle, wir tragen den gleichen Nachnamen, also sind wir verwandt. Und nicht verheiratet, sonst würden wir ja unterschiedlich heissen. Zuhause ist es ja umgekehrt, bei den meisten gilt ein Paar erst dann als verheiratet, wenn es den gleichen Nachnamen trägt. Ja, so sind die Kulturen unterschiedlich.
Beeindruckt hat uns im Iran auch der Optimismus der jungen Generation. In einem Land, in dem die Geschlechter so stark getrennt sind, in dem es keine Discos oder Bars gibt, Alkohol illegal und Facebook (wie so viele andere Webseiten) gesperrt ist, die gesamte Regierung nicht nur eine sondern gleich zwei Generationen älter ist, eine Kleiderordnung für Frauen herrscht, die Männer zwei Jahre ins Militär müssen (ansonsten bekommen sie keinen Pass ausgestellt)….einfach lebt es sich nicht als junger Mensch im Iran. Dennoch haben viele die Hoffnung auf Reformen nicht aufgegeben, bleiben optimistisch und – was mich besonders freut – politisch interessiert: Keine Spur von „die machen doch was sie wollen“, auch wenn dieser Satz eher hier im Iran als in der Schweiz angebracht wäre, sondern ein ernsthaftes Interesse und ein Engagement, das mich beeindruckt. Auch die vielen Gespräche mit Frauen machen Mut, wer hätte gedacht dass ich im Iran so viele selbstbewusste Frauen treffe, die für ihre Rechte einstehen? Für mich war das sehr inspirierend und ich bin dankbar, einige von ihnen kennengelernt zu haben.
Es mag für einige vielleicht etwas seltsam klingen, aber ich habe mich als Frau sehr wohl gefühlt im Iran. Die Männer sind mir sehr wohlwollend und respektvoll begegnet. Nicht beachtet wurde ich selten, dann aber meist von älteren Iranern aus Respekt. Umgekehrt geht das aber auch: Frauen, die uns ansprachen, wollten meist nur mit mir sprechen und fragten beispielsweise auch mich And what is his name? Daran haben wir uns gewöhnt und so geben wir mittlerweile auch „geschlechterspezifisch“ Antwort: Miguel bei Männern und ich bei Frauen. Die jüngere Generation macht hier aber keinen grossen Unterschied mehr.
Schlichtweg atemberaubend fanden wir im Iran die persische Architektur: Die prächtigen Moscheen mit ihren Verzierungen aus Keramik, die Kuppeln und die wunderschönen Innenhöfe – wir konnten uns kaum sattsehen an so viel Perfektion und Farbenpracht. Viele Stunden haben wir vor und in diesen Gebäuden verbracht und entdeckten immer wieder neue Details. Auch die wunderschöne Wüstenarchitektur hat uns gefallen, die Lehmhäuser, Rundbögen und die überkuppelten Passagen. In jeder Stadt gefiel uns der Bazaar, auf dem keine Souvenirs sondern Alltagsware verkauft wird: Gewürze, Kochtöpfe, Kleider, Schuhe, Nüsse, Fleisch, Kopftücher und vieles mehr. Beeindruckt hat uns auch das 2’500 Jahre alte Persepolis mit seiner Grösse und seinem Reichtum an Reliefs. Immer wieder versetzte uns die Geschichte dieses Landes ins Staunen.
Abschiednehmen und Loslassen gehört zum Reisen, damit das Neue auch wieder Platz hat. Das ist nicht immer einfach. Von vielem müssen wir zum Glück aber noch nicht Abschied nehmen: Vom Islam, vom Ruf des Muezzins, den wir immer wieder gerne hören, von meinen geliebten Wüstenlandschaften, von prächtigen Moscheen, Datteln und unzähligen Tassen Tee… all dies wird uns auf der anderen Seite des Persischen Golfs weiter begleiten. Auch wenn wir den Iran nur ungern verlassen, freuen wir uns auf vielseitigeres Essen, ein Glas Wein, mehr velofahren und campieren in Omans Wüsten und wärmere Temperaturen.
In Bandar Abbas radeln wir kurz nach Sonnenuntergang in Richtung Hafen zur Fähre, die uns über den Persischen Golf bringt. Der Muezzin ruft zum Gebet, noch einmal winken, klatschen und lachen uns alle zu….ja, das Weiterreisen fällt schwer. So verabschieden wir uns von diesem wunderbaren, vielseitigen Land. Ein Land, das gar nicht dem Bild entspricht, das in den Medien gezeigt wird. Dazu wird zu viel über die Regierung und zu wenig über die Menschen berichtet, von deren Offenheit und Gastfreundlichkeit wir einiges dazulernen können. Wenn wir an den Iran denken, bleibt ein warmes, wohliges Gefühl im Bauch… es ist eines unserer Lieblingsländer geworden. Wir kommen gerne wieder.
Grrrrrrr döggel-döggel…und weg war mein Text!!! Ok … Mir macheds namaaal:-)) kulturschock pur, welcome im übertriebe-übertriebene Dubai…vorallem nach em Iran sicher net ganz aifach?! Nora, ich verstand di so guet, ich ha das au, wenns mir ime land am e ort so guet gfallt, dass ich mi nach wenige dääg deheim füül, fallts mir immer immer schwer mi wieder zlöse…! Wünsch dir speziell, aber euch beidne guets acho in Dubai und hoffentlich ganz viel Schöns im Oman, dass s”warmi Gfüül” im Buch sich bald au im Oman ustellt! Viellicht näbscht eme Gläsli Wyy au bime wiedermol guete Ässe?:-) Drugg Euch, miss you! Ps: nomol hammer bilder, die Architektur fasziniert au us dr Färni! Und s Bild ” finde “Nura” isch e ächte Schänkelklopfer… So guet!!!
Hee dir zwee
Wieder e Reisebricht, wo eim zum Nochedänke bringt. Das Land, wo vom Weschte so schlächt dargstellt wird, händ ihr mir nöcherbrocht und ich han mit Stuune euri Bricht gläse und Föteli agluegt. Und wär weiss, viellicht isch es jo nit s letschte mol gsi, wo ihr im Iran sind :-).
Gäbet Sorg und machets guet.
Umarmig
Ich kann mich auch niemals satt sehen an diesen wunderschönen Bildern. (Wie wäre das erst, wenn ich diese Orte in Natura sehen könnte!!!!….) Das fantastische Titelbild (die Kuppel), und der lange gedeckte “Laubengang” in Kerman, unglaublich, diese Architektur. Es tut gut, diesen wohltuenden Bericht über den Iran zu lesen. Nein, hier kann man sich wirklich kein echtes Bild von diesem Land machen.
Nun könnt Ihr sicher wieder zelten in der Wärme Omans und viel velofahren (ohne Berge..).
Gute Fahrt weiterhin und hebet Sorg!
Ganz liebi Grüess Mary-Jones
Sali zäme
Da kommen mir ja fast die Tränen, wenn ich diesen Bericht lese! Wir gern habt ihr dieses Land bereist und die Menschen ins Herz geschlossen. Und, Nora, mir geht es auch so! Gefällt es mir speziell gut an einem Ort, ist der Abschied umso schwerer. Jedenfalls vielen Dank für die wunderschönen Fotos aus dem Iran. Die Architektur fasziniert mich sehr und hat es auch mir angetan.
Ganz liebe Grüsse und,… hebet wiiterhin Sorg zu euch 🙂
Claudia
Hallo zäme
Ich bi jetzt no am lache nach em Bild “Finde Nura”. Ich hoff, das Rätsel wird bald glöst :-).
Es isch nid eifach wenn mä sich vomene Land mues verabschiede wo mä sich so gärn ufghalte het aber es schliesst jo ä Rückkehr zumene spötere Zitpunkt nid us. So due ich mi ame tröste wenn’s mir glich goht.
Danke vilmol für dä spannend Iblick in unbekannte Iran, wo ich jetzt us dr Färni chli ha dörfe kennelehre.
Ich wünsch euch vill tolli Erläbnis im Oman.
Liebe Gruess
Barbara
Sniff, sniff – bye bye Iran. Aber ein neues Abenteuer steht ja schon wieder vor Euch.
Nora – toll dass es Dir so gefallen hat. Ein grosser Traum ist endlich in Erfüllung gegangen und so wie Du Dir es erträumt hast.
Ich bin schon gespannt wie es weitergeht!
Bisous
Nathalie