„Ähm, ja, wir sind mit dem Fahrrad gekommen.“
„Aha, woher kommt’s ‘n ihr?“
„Von Basel, aus der Schweiz.“
„Hoä? Ihr seids aber net mit em Radl bis hierher gfoahrn?!“
Wenn man die Frage dann bejaht reagieren die meisten seit dem Südtirol und Österreich schon ziemlich beeindruckt. So sehr, dass wir es dann kaum mehr wagen, unser eigentliches Ziel Asien anzugeben – wir haben unsere Route meist bis Istanbul gekürzt. Trotzdem sind auch bei dieser Aussage einige der Radenthusiasten (manchmal kamen wir uns vor wie am Giro d’Italia, wenn wir plötzlich von ganzen Gruppen im Renndress überholt wurden), die wir auf den hiesigen, perfekt ausgebauten Radwegen angetroffen haben, fast vom Velo gefallen. Haben wir uns etwa zu viel vorgenommen? Bei den darauffolgenden Gesprächen stellte sich dann aber doch jeweils heraus, dass unsere Pläne eher auf reges Interesse und Respekt stossen, als auf Ablehnung und Skepsis.
Ja, wir haben uns nach drei (!) Nächten im wunderbaren Bozen doch noch aufraffen können und sind, trotz mässigen Wettervoraussichten, wieder nordwärts Richtung Brixen, Bruneck und Österreich aufgebrochen. An diesem Tag wären wir aber besser im Schlafsack liegengeblieben, denn es wurde der bisher anspruchsvollste Tag. Ein kurzer Abriss:
- Kaum waren wir losgefahren, fing es zu regnen an (nach 1,5 Tagen schönstem Sonnenschein)
- Kurz nach Bozen lenkte uns eine der (bereits als tückisch bekannten) italienischen Umleitungen in die falsche Richtung und wir merkten dies erst, nachdem wir von ziemlich weit oben den Veloweg ziemlich weit unten unter uns erblickten. Und wir wunderten uns (und fluchten) noch über die steilen Velowege hier (14%)…
- Etwas später passierten wir eine bediente Tankstelle – die Gelegenheit nutzen wir, um unser Benzinkocher-Tank aufzufüllen (0.75l). Leider wollte der Tankwart, nachdem ich bereits „Stop“ gesagt hatte, noch auf „einen Euro“ aufrunden und das Benzin lief über und mir über die Velohändschli. Die nächsten paar Tage begleitete uns eine Benzinwolke und ein Running Gag.
- Ein paar hundert Meter weiter: Ich bremse etwas abrupt wegen einer Schlange, die quer über der Fahrbahn lag und Nora fährt mir leicht hinten rein, kann einen Sturz aber gerade noch verhindern (ist aber dann mehr ab der Schlange schockiert, die sich langsam wieder ins hohe Gras verzieht).
Die Liste ist nicht abschliessend, aber zum Glück war das bisher der einzige wirklich harzige Tag, an dem scheinbar einfach gar nichts klappen wollte. Abgesehen natürlich vom Regen, welcher uns von den 17 Tagen seit der Abreise während mindestens15 Tagen immer wieder begleitete. Vielleicht sollten wir wirklich langsam in Richtung Süden fahren, auf der Suche nach der Sonne. Aber wenn wir dann irgendwann irgendwo bei 45°C in der Wüste hocken, werden wir uns wohl nichts sehnlicher wünschen, als ein wenig Regen und Abkühlung – man will doch immer das, was man gerade nicht hat, oder? Wir versuchen positiv zu denken, immerhin ist es meist Nieselregen und kein Hagelsturm…
Mittlerweile haben wir ja auch die österreichische Grenze passiert und sind durchs Pustertal (heisst wohl so weil es da immer pustet – der Gegenwind war happig) alles entlang dem Drau-Radweg bis nach Villach gefahren, wo wir uns jetzt auf den morgigen Grenzübergang nach Slowenien vorbereiten. Diesen müssen wir uns nämlich schwer erarbeiten, da wir zuerst den Grenzposten auf dem Wurzenpass (1000m.ü.M.) erreichen müssen, also eine Steigung von 400Hm auf kürzester Strecke zu bewältigen haben. Danach gehts wieder runter nach Kranjska Gora und in Bled wollen wir dann unser Zelt aufschlagen. Aber auch hier, auf der gesamten Stecke von Bozen bis nach Villach hatten wir praktisch immer einen eigenen Fahrradweg, immer sauber ausgeschildert, teilweise sogar mit Übersichtskarten und Höhenprofil am Wegrand, fantastisch!
Die Österreicher empfanden wir als ein sehr freundliches und entgegenkommendes Volk, viele sprachen uns aktiv an, woher wir kämen und wohin unser Weg noch ginge. Der Kaffee und die Nussgipfel sind auch sehr gut, die Sachertorten sind mir jedoch immer ein wenig trocken vorgekommen. Ja, wir legen noch immer baldmöglichst nach dem Start am Morgen einen Kaffee&Nussgipfelstop ein – meistens wird nach dem zweiten Kaffee dann auch das Wetter besser.. 😉
Nun sind wir gespannt auf Slowenien und werden euch natürlich weiterhin auf dem laufenden halten. Schön, dass so viele aktiv mit uns mitreisen. Wir freuen uns über jeden einzelnen eurer netten Kommentare!