Shiraz empfängt uns mit grauem Himmel. Eine ungewohntes Bild nach den vielen wolkenlosen Wochen im Iran. Am Nachmittag beginnt es dann zu schneien und hört auch am Folgetag nicht auf. Wir sehen staunend zu, wie der Schnee liegenbleibt und den eh schon chaotischen iranischen Verkehr zum Erliegen bringt. Glücklich sind wir aber dennoch nicht, denn unsere eingeschränkte Schuh- und Kleiderwahl ist nun wirklich nicht für Schnee und Matsch gedacht, und so kommen wir mehrere Male nach Erkundungstouren mit nassen Schuhen und eiskalten Füssen ins Hotelzimmer zurück. Einige Tage später erzählt uns ein Iraner ganz begeistert, dass in Shiraz seit 15 Jahren (!) nicht mehr so viel Schnee gefallen war. Nun ja, wir hätten gut auf dieses Ereignis verzichten können! Der Lonely Planet hat uns zwar vorgewarnt: The city’s agreeable climate makes it a pleasant place to visit (except at the humid height of summer or the freezing depths of winter).
Shiraz, die Hauptstadt der persischen Kultur, steht für Poesie, Rosen, Nachtigallen, Liebe… und Wein. Der Shiraz-Wein (Syrah) hat vor 650 Jahren schon den iranischen Dichter Hafez inspiriert, doch seit der Revolution und dem darauffolgenden Alkoholverbot werden die Trauben in dieser Region nicht mehr zu Wein verarbeitet. Schade! Wir trotzen den kalten Temperaturen und dem Schneepflotsch und versuchen, den Charme von Shiraz zu finden. Uns beeindruckt das Mausoleum Shah-e Cheragh, dessen türkis-blaue Verzierungen einen wunderschönen Kontrast zu den Holzeinfassungen geben. Wir schlendern durch den schönen Bazaar und stellen fest, dass wir auch nach über sechs Wochen im Iran noch keineswegs Bazaar-müde sind. Im Gegenteil, die iranischen Märkte gehören zu den schönsten, die wir bisher gesehen haben.
Dennoch werden wir in und auch mit Shiraz nicht ganz warm. Die Stadt bietet wunderschöne Gärten, je ein Mausoleum zu Ehren der Dichter Hafez und Saadi, viele Grünanlagen – doch wir können keinen Gefallen daran finden, uns in der Kälte auf eine Sitzbank zu setzen und sich die Gärten vorzustellen, die unter der Schneedecke begraben sind. Für das haben wir einfach die falsche Jahreszeit erwischt. So ruft Shiraz bei weitem nicht dieselbe Faszination und Begeisterung wie Esfahan in uns hervor.
Nach über sechs Wochen im Iran haben wir uns daran gewöhnt, dass hier am Freitag Sonntag ist und alle Geschäfte geschlossen sind. Die meisten Iraner haben jedoch nur gerade am Freitag frei. Die 6-Tage Woche wird jedoch durch unzählige religiöse Feiertage wieder kompensiert. Oftmals sind alle Läden mitten in der Woche einfach geschlossen, ohne dass wir wissen warum. Wenn sie aber offen sind, haben wir inzwischen auch das Einkaufen im Iran im Griff. Es gibt keine grossen Supermärkte, sondern nur kleine Ein-Raum-Läden, die mit iranischen Produkten ausgestattet sind. Internationale Marken finden sich hier praktisch keine, die Sanktionen verhindern einen offenen Wirtschaftsraum. Gesehen haben wir nur die üblichen Verdächtigen wie Coca Cola, manchmal Nutella, KitKat oder ein Snickers. Ansonsten sind alle Produkte iranischer Herkunft und viele westliche Produkte werden von lokalen Firmen auch einfach kopiert: So heisst die iranische Version von Kitkat Taktak, die Frühstücksflocken Special M und dabei wird meist auch die Originalverpackung 1:1 kopiert. So staunten wir nicht schlecht, als wir in einem Lädeli eine Lindt Schoggi im Regal entdeckten, bei genauem Hinsehen entpuppte sie sich jedoch als iranische Kopie!
Kopiert haben die Iraner auch den Fastfood und diesen den lokalen Präferenzen angepasst: Dicke Pizza ohne Tomatensauce, aber mit schweinefleischloser Wurst, Ketchup und Mayonnaise. Fettige Sandwiches mit Fleisch undefinierbarer Abstammung. Hamburger mit viiiel Fleisch. Latschige, kalte Pommes Frites und verkochte Spaghetti. Naja, klingt nicht sehr vielversprechend, aber die Iraner lieben Fastfood. Und sie lieben auch ihr Restaurant-Essen, denn im ganzen Land gibt es praktisch ausnahmslos diesselben ca. 15 Gerichte, wobei es bei der Hälfte jeweils Sorry, no have heisst: Kebabs (Chicken oder Hackfleisch) mit einem Berg Reis dazu, des Iraners liebstes Essen. Zahlreiche Eintöpfe mit Fleisch, Hülsenfrüchten und etwas Gemüse, die zur längeren Aufbewahrung jedoch mit viel Öl angereichert werden. Dennoch sehen wir nur wenige übergewichtige Menschen hier, was uns angesichts des ungesunden Essens etwas erstaunt. Kulinarisch gesehen ist der Iran nicht unser Lieblingsland, aber davor haben uns schon andere Reisende vorgewarnt. Zum Glück gibt es immer noch wunderbare Datteln, frisches Fladenbrot, süsse Orangen und Zitronen, Mandeln und Madeleines.

Sehr beliebt und weit verbreitet sind die Fastfood Restaurants. Man beachte die “Fleischlastigen” Bilder
Dafür sehen wir in Shiraz wie auch schon in Esfahan wiederum viele junge Frauen (und auch ein paar junge Männer) mit Pflasterstreifen auf der Nase. Kein Zufall, denn der Iran hat die höchste Nasen-OP Dichte der Welt. Zahlreiche persische Nasen werden jedes Jahr verkleinert und neu geformt, so dass die Nasenspitze etwas nach oben gebogen ist. Die Pflaster auf der Nase werden mit Stolz getragen und stehen ganz im Gegensatz zu westlichen Schönheits-OPs, wo man für einige Wochen in die „Ferien“ verschwindet oder medizinische Gründe für die OP geltend macht. Eine Nasen-OP kostet hier um die 2’000-4’000 USD. Wir sind erstaunt, kommen uns doch die nicht-operierten persischen Nasen nicht als aussergewöhnlich gross und unattraktiv vor. Aber das Statement einer Iranerin ist mir in Erinnerung geblieben: Wegen dem hejab, der restriktiven Kleiderordnung, können die Frauen nur gerade ihr Gesicht zeigen, denn der Rest ist bedeckt (Haare, Figur, Haut). Somit bekommt das Gesicht einen ganz anderen Stellenwert und erklärt mir auch den oftmals extensiven Gebrauch von Make-up in den Städten. Schon ein paar Male war ich erstaunt, wie stark einige Frauen geschminkt, wenn in meinen Augen nicht sogar überschminkt, sind. Nur durch das Gesicht unterscheiden sie sich von anderen Frauen und manchmal ist die Schminke auch als Zeichen gegen die Regierung zu verstehen, die ja Schminke, Make-up, Nagellack etc. verbietet.
Nach diesen „modernen“ Problemen tauchen wir aber schon bald wieder in die Geschichte ein. Im Schnee und bei Minustemperaturen machen wir einen Ausflug nach Persepolis, eine der Hauptstädte des antiken Perserreiches der Achämeniden. Die Stadt wurde 520 v. Chr. gegründet und rund 200 Jahre später von Alexander dem Grossen zerstört und niedergebrannt. Das Achämenidenreich war eines der grössten Reiche, das die Welt bis zu dieser Zeit gesehen hatte. Es erstreckte sich vom 6. bis ins späte 4. Jahrhundert v. Chr. von Libyen und Bulgarien über die Türkei und Griechenland, Syrien und Irak bis weit nach Zentralasien und Pakistan.

Durch das “Tor der Nationen” betritt schon vor 2500 Jahren jeder Besucher die Vorzeigestadt der Achämeniden

Bewacht wird das Tor noch immer von riesigen Steinstatuen. Inschriften wurden in drei verschiedenen Sprachen in den Stein gemeisselt: Elamisch, Persisch und Babylonisch

Viel blieb nicht erhalten nachdem Alex (mittlerweile ein guter Bekannter von uns) die Stadt niederbrennen liess

Wer sich wie wir fragt, wie eine Stadt aus Stein brennen konnte: Die Dächer waren aus Holz gebaut. Hier die Überreste des Palastes von Darius, nur Tür- und Fensterrahmen blieben erhalten

Dieses Fabelwesen (u.a. Symbol für die Iranische Luftfahrtgesellschaft) ziert normalerweise die Spitze einer Säule und sieht aus wie eine Kopie, ist aber tatsächlich Original. Sie wurde wohl wegen Mängeln nicht verwendet und wurde unter dem Schutt der Jahrtausende begraben
Die Achämeniden führten auch das weltweit erste Postsystem ein, wobei die Post dank Pferden in maximal 15 Tagen bis zur äussersten Grenze des Reiches transportiert werden konnte. Uns faszinieren in Persepolis die Wände mit den Reliefs, wobei alle 23 Völker, die im Achämenidenreich zusammengefasst wurden, dem König ihre Ehre erwiesen: Ägypter, Babylonier, Griechen, Inder etc. – erkenntlich an den Gewändern, den Tieren und Geschenken die sie mitführen.

Verschiedene Völker – verschiedene Tiere. Vom Schaf über den Ochsen bis hin zum Kamel ist alles vertreten

Die Armee der Perser wurde als “unsterblich” bezeichnet, da jeder gefallene Soldat durch einen neuen ersetzt wurde

Symbol für Noruz, dem persischen Neujahr: Löwe besiegt Stier, ein neuer Zyklus beginnt (beachtet die Blumenmotive mit den 12 Blättern für jeden Monat)
Rund sechs Kilometer von Persepolis entfernt befinden sich die Gräber von Achämenidenkönigen, die in den Fels gehauen sind und auch mit wunderschönen Reliefs ausgestattet sind, die teilweise aus der Sassanidenzeit stammen. Das bekannteste zeigt den Triumph von Shapur I über den römischen Kaiser Valerian, letzterer erkennbar an seiner Stola.

Shapur I auf dem Schlachtross ergreift die Hände des besiegten Kaisers Valerian, während ein weiterer römischer Caesar vor ihm niederkniet
Einmal mehr begeistert uns die Geschichte des Irans, jedoch nicht das Wetter von Shiraz. So fahren wir bald weiter in Richtung Osten und freuen uns auf die Wüstenstadt Yazd.
Schon wunderbar eindrücklich, die Bilder der Reliefs von Persepolis (Perse = Perser, Polis = Stadt (griechisch). Aber man fragt sich schon: in was war der grosse Alex eigentlich gross???? Beim Städte niederbrennen, usw…….oder was sonst?…….. Dass Ihr diese ganze Gegend unter Schnee sieht, das ist auch nicht vielen vergönnt. Aber eben, schlottern gehört halt, mit Eurer Bekleidung, auch dazu. Wenigsten ist der Himmel blau und die Sonne scheint, ein Trost, gell Nora. Nun seid Ihr ja schon wieder in wärmeren Gefilden. Bin gespannt auf Euren nächsten Eintrag.
Hebet Sorg und hebet wiiterhin Freud. Ganz liebi Grüess Mary-Jones
Liebe Nora und Miguel
Ich staune immer wieder darüber, was Ihr alles seht und erlebt. Und Persepolis hat mich fast umgehauen! Mein Mann möchte unbedingt noch eine Iran-Reise machen – doch ich habe keine Lust, mich fremden Kleidervorschriften zu beugen. Doch Esfahan hat mich bereits ‘gluschtig’ gemacht – und nun Persepolis… Ich wünsche Euch Wärme und weiterhin gastfreundliche Menschen.
Hoi Travelos
Huiii – wieder es grosses Danke für dä neui Bricht mit dene tolle Bilder. Das Tor der Nationen isch jo wahnsinnig idrücklich. Fahrt eim sicher i, wenn me dört dure lauft.
Mis Lieblingsbild vo däm Blog isch aber “Pfannen und ähnliches” :-))
Gäbet Sorg…ihr fählet mir!!
Hoi zäme
Und wider ä üsserst spannende Bricht mit tolle Bilder. Das Tor der Nationen het mich au sehr beidruckt und mä chunt sich sicher winzig vor wenn dört dure laufsch.
Ich hoff, dir heits mittlerwile wider chli wärmer und kei Schnee meh.
Grüessli us em schnee-lose Baselbiet
Barbara
Liebe Nora und lieber Miguel,
schöne Sonntagsbeschäftigung euren Blog zu lesen und in fremde Länder eintauchen! Wir grüssen euch herzlich aus Bern und wünschen euch weiterhin eine tolle Reise!
L&G
Wieder emol mega Bilder und super Stories!
Nora bruchsch e Ufmunterigsdrink damit de schön warm bechunsch? Das isch jo gar nid di Fall die Kälti!! So e Kaffi Lutz wär doch öppis?
Ganz viel Spass no und ich druck dr Dume dass es bald bitz wärmer wird.
Bisous
Nathi
Guggug ihr Liebe,
Danke füre tolli Bricht! Freu mi nach wie vor über jedes Update :-). Brrr Nora, das tönt jo gruselig das Wätter für di! Hoff es wird bald wieder türkis-jagge-tauglich.
Die Bazars sehn und töne wundervoll, verständlich hän ihr nonig gnueg drvo!
Machest wierhin guet, druck euch
Anina
Jooo, es isch au mindestens 10 Grad zwenig fürd d türkis Jagge und öppe 20 Grad zwenig für mich! Also wenn dr Iran nid soooo schön und spannend wär, hätte mir scho lang en Abgang nach Arabie übere gmacht!
Nathalie, sehr gärn e Kaffi Lutz…aber bitte als delivery vo dir! Kaffimaschinli hämer natürlich, fehlt nur dr Lutz! Aber viel Spass bim ineschmuggle, die iranisch Polizei liebt Gepäckkontrolle..
Bisous, Nora