China kann man nicht beschreiben, das muss man erlebt haben. Bisher konnten wir kein bestimmtes Verhaltensmuster feststellen, das alle Chinesen gemein haben. Ausser vielleicht dass alle immun gegen jeglichen Lärm zu sein scheinen und dementsprechend auch viel Lärm produzieren. ALLES in China macht Lärm. Vom sprechenden Taschenrechner über den gehirnwäscheartige Kinderlieder plärrenden Schulbus und den Fahrstuhl, welcher uns zu gratulieren scheint wenn wir unseren Stock erreicht haben bis hin zur Supermarktangestellten, die uns per Megafon die neuesten Aktionen ins Ohr schreit. Vielleicht schrie sie auch „Schaut mal, die beiden lustigen Ausländer!“. Denn sie kennen keinerlei Schamgefühl oder Skrupel. Weder auf dem Klo, noch in Sachen Kleidung im öffentlichen Raum noch im Restaurant am Tisch. Alles ist erlaubt, nichts wird verurteilt – ausser man ist kein Chinese. Dann wird man ungeniert auseinander genommen, von Kopf bis Fuss gemustert, darüber gelacht wie wir unsere Essstäbchen halten und nachgeäfft wenn wir versuchen, ein chinesisches Wort auszusprechen. Keinerlei Scheu eben. Unsere Meinung zu den Chinesen schwankt tagtäglich zwischen Bewunderung, Verwunderung und nicht gerade selten auch etwas Fremdschämen.

Bahnhof von Beijing – durch die Verspätung unseres Zuges hatten wir viel Zeit die Massen zu studieren
In Kaili, einer mittelgrossen Provinzstadt im Südwesten des Landes, sind wir einmal mehr in eine komplett andere Welt getaucht, die Seidenstrasse haben wir nun vollends verlassen. Das trockene Klima haben wir ebenfalls definitiv hinter uns gelassen, die Provinz Guizhou ist bekannt für ihre häufigen Regenfälle. Üppiges Grün bestimmt fortan das Bild, passend dazu auch eine neue Tierwelt. Neben Schlangen und Spinnen begegnen wir neuerdings auch riesigen Schmetterlingen, flinken Kakerlaken, schnatternden Enten und geruhsamen Wasserbüffeln. Aber auch wenn es nicht regnet, die Luftfeuchtigkeit zusammen mit den Temperaturen um knapp 30°C gibt uns einen guten Eindruck, wie sich die Dumplings in den Bambuskörbchen fühlen müssen wenn sie gesteamt werden. Der Schweiss läuft uns jedenfalls aus allen Poren und durchnässt unsere Kleider, welche danach Tage brauchen um wieder zu trocknen.
Zeit um uns mit etwas Fahrtwind abzukühlen. Zwar bereuen wir es ein wenig, diesen Klimawechsel nicht auf dem Velo erlebt zu haben, der Übergang von gemässigtem Klima direkt hinein in die Subtropen kam etwas plötzlich. Aber mit den Visabedingungen hatten wir schlichtweg keine Zeit, diese Strecke mit dem Velo zu bewältigen. Doch bevor wir nun wieder beginnen in die Pedale zu treten, erhalten wir einen weiteren einzigartigen Einblick in die hiesige Region und einer der Hauptgründe, weshalb wir ausgerechnet hierher gereist sind: Wir besuchen den sonntäglichen Markt und begegnen dort unzähligen Angehörigen der hier ansässigen ethnischen Völker. Über 90 ethnische Gruppen existieren in ganz China (inkl. Taiwan), wobei etwa 70 davon als offizielle Nationalität angesehen sind. Rund 8% der in China lebenden Menschen sind also keine Han-Chinesen, sondern gehören einer dieser Ethnien an. Deshalb kann eigentlich gar nicht von „dem Chinesen“ per se gesprochen werden. Trotzdem verwende ich hier mehrmals diesen Sammelbegriff, auch wenn dabei in den meisten Fällen lediglich die Han-Chinesen gemeint sind.
Viele der ethnischen Völker leben im Südwesten Chinas, in Grenznähe zu Burma, Laos und Vietnam, den Regionen aus denen viele vor tausenden von Jahren ausgewandert sind. In der Provinz Yunnan leben mehr als die Hälfte all dieser Ethnien Chinas. Hier in der Provinz Guizhou hingegen leben aussergewöhnlich viele Völker, die keiner der offiziell anerkannten Nationalitäten angehören. Eine unglaublich bunte Mischung verschiedener Kulturen, welche sich alle in vielseitiger Weise wieder voneinander unterscheiden. Angefangen bei der spezifischen Kleidung (die nebst den Hinweisen ob verheiratet oder nicht teilweise sogar Rückschlüsse auf das einzelne Dorf zulässt, aus welchem diese Person kommt), über die unterschiedliche Bauweise der Häuser bis hin zu den Traditionen nach welchen sie leben und den Festen die sie feiern.
Wir tauchen ein in diese fremde Welt, beobachten als einzige Touristen das Treiben auf diesem absolut lokalen Markt, staunen über das bunte Angebot und die Menschen. Die zahlreichen Gemüse- und Früchteverkäufer sind es, welche dafür verantwortlich sind, dass wir den Markt zuerst hören bevor wir ihn sehen. Egal ob lediglich zwei Bananen oder riesige Mengen an Kale angeboten werden, scheinbar jede-/r hat sich ein kleines, batteriebetriebenes Aufnahmegerät zugetan, das mit einem findigen Verkaufsspruch seiner Wahl besprochen werden kann und danach in einer Endlosschlaufe abgespielt wird. Willkommen im digitalen Zeitalter. Der resultierende Lärm ist ohrenbetäubend.

Gerne hätten wir erfahren was die Aufnahmegeräte in der Endlosschlaufe wiedergeben. “Kauft hier! Bei mir!” vielleicht?
Die Waren werden entweder auf hölzernen Handkarren aber auch oft einfach in zwei geflochtenen Bastkörben angepriesen, die mittels einem Bambusrohr über der Schulter transportiert werden. Daneben entdecken wir die Metzger (offenbar nicht beeindruckt vom Lärm der Stände nebenan), ständig damit beschäftigt, das Schweinefleisch in kleinere Stücke zu hacken. Das grosse Messer dazu haben sie wohl vom Metallschmied vis-a-vis, der momentan seine Sicheln mit grossem Erfolg anbietet (die Erntezeit fängt an). Etwas weiter hocken die Schreiner vor ihren Hobeln in Grüppchen zusammen, rauchend und freundlich lächelnd als wir vorbeischlendern. Dazwischen werden auf offener Strasse Haare geschnitten und in den Geschäften direkt dahinter Zähne gezogen während der Metallbauer daneben die Gitterkäfige zusammenschweisst, welche fast vor jedem Fenster in der Stadt montiert sind. Selbstverständlich wird überall gegessen, gelacht und zusammen geschwatzt – niemand ist hier alleine unterwegs. Wir gelangen über eine kleine Seitengasse in den Textilbereich, hier ist die Anzahl an Frauen der Miao Ethnie noch höher als sonst. Sie sind gut erkennbar an ihren speziellen Frisuren und dem Kamm, der als Accessoire verwendet wird. Andere haben einfach ein lustiges Frotteetuch um den Kopf geschlungen, als kämen sie geradewegs aus der Dusche. In der Region leben viele Angehörige der Miao (Hmong), dementsprechend werden hier hauptsächlich deren Kleidung, Kopfbedeckung und auch Schmuck angeboten. Wie das meiste auf diesem Markt wird alles in minutiöser Handarbeit angefertigt – diese winzigen Frauen (viele sind vielleicht knapp 1.5m gross) legen ein unheimliches Geschick an den Tag. Sowieso behalten wir auf diesem Markt stets den Überblick, denn auch die Männer sind um einiges kleiner als wir.

Auch der Textilbereich ist spannend – hier kaufen sich die ethnischen Angehörigen ihre Stoffe für die Trachten

Wir können uns glücklich schätzen, einen geruhsamen Ruhestand verbringen zu dürfen – viele hier arbeiten bis ins hohe Alter weiter

Chinesische Kindermode: Die Hose hat im Schritt einen Schlitz – so kann der Knirps immer und überall auf der Strasse spontan sein Geschäft verrichten. Auch gerne direkt neben den Essständen

Äusserst fragwürdiges Kinderspielzeug: lebendige Baby-Schildkröten. Wir sind schockiert – die Chinesen gehen mit Tieren nicht sonderlich zimperlich um.

Zum Glück nicht die Suppe die wir bestellt haben, sondern eingelegte Hühnerfüsse mit Chili und Zwiebeln auf dem Markt
Erfüllt von diesen bunten Eindrücken machen wir uns schliesslich (nach einer erfolgreichen Visaverlängerung um einen weiteren Monat) auf den Weg in den Südosten, Richtung Guilin. Zwar werden wir zu Beginn von mehreren der allgegenwärtigen Strassenbaustellen Chinas geplagt, gelangen kurze Zeit später aber dann auf ein kürzlich fertiggestelltes Stück Strasse mit perfektem Asphalt. Die Bauwut der Chinesen kennt wirklich keine Grenzen. Kein Tag vergeht, ohne dass wir Baustellen passieren, wobei einfache Landstrassen in 4-spurige Schnellstrassen verwandelt, komplette Wohnquartiere neu hochgezogen (inkl. Supermarkt und Kino – aber alles steht leer) oder neue Autobahnen durch enge Täler und Tunnels gezwängt werden. Sobald die neue Strasse fertiggestellt wurde, werden die alten Strassen vernachlässigt und verlottern. So erleben wir auch in diesen Tagen die unendliche Vielseitigkeit Chinas. An einem Tag rollen wir über perfekte Strassen nur um schon am nächsten Tag über eine Schlaglochpiste oder eine 80km lange Baustelle zu holpern. Die Gegensätze liegen nirgends so nah wie in China.

Komplett neues Quartier – damit unterstützen die Bauherren die sowieso schon problematische Landflucht Chinas
Trotzdem sind die Tage auf dem Weg nach Guilin ein Highlight. Die Reisfelder stahlen in einem goldgrünen Schimmer, die Rispen lassen den Kopf hängen, schwer vom Reis. Gerade hat die Erntezeit angefangen und die Bauern haben begonnen die ersten Felder zu ernten. In mühseliger Handarbeit werden in Teams die Reishalme in Bündeln geschnitten, mittels einer Dresche (motorisiert oder manuell) werden die Reiskörner entfernt und in Säcke gefüllt. Das Reisstroh wird in lustige Tipi-artige Gebilde zusammengebunden und auf dem Feld getrocknet. Es wird nach einigen Tagen als Zunder verwendet um möglichst grosse Teile des Feldes abzubrennen. Die verbrannte Erde verfügt dann wieder über die notwendigen Nährstoffe für die nächste Saat.
Die Strasse windet sich zwischen den Reisfeldern und den durch und durch bewaldeten Hügeln hindurch, steigt hoch hinauf nur um auf der anderen Seite wieder runter zu fallen. Wir bewältigen unzählige Höhenmeter und haben so unsere in Xi’an und Beijing durch zu viele Garküchenbesuche verlorene Fitness schneller wieder auf brauchbarem Niveau als wir Dumpling sagen können.

Das meiste Reis wird in Säcke verpackt und verkauft – für den Eigenbedarf werden auch einzelne Bündel nach Hause getragen
Unterwegs passieren wir mehrere Miao Dörfer, teils munzige Siedlungen aus alten, dunkelbraunen hölzernen Häusern mit speziellen Dächern, nur ab und zu von einem hässlichen neuen Betonhaus im Han-Stil durchbrochen. An den Aussenwänden hängen Maiskolben zum trocknen und vor dem Eingang sind meist grosse rote Chilischoten ebenfalls zum trocknen ausgelegt. Diese wachsen hier übrigens am Strassenrand. Die Region ist durch die vielen Hügel nur stellenweise flach genug, um Gemüse oder Reis anzupflanzen. Oftmals drängeln sich die Häuser an steilsten Stellen hoch am Hang nebeneinander, mittels Stelen wurde eine einfache Nivellierung der Gebäude erreicht. Die flachen Stellen werden ausnahmslos für den Anbau genutzt. So gibt es auch nirgends eine Möglichkeit, unser Zelt aufzustellen. Dies ist an und für sich nicht so schlimm, einerseits weil die hohe Anzahl überfahrener Schlangen (mit einer durchschnittlichen Länge von weit über einem halben Meter) auf der Strasse nicht gross Lust auf Camping macht, andererseits weil China ein ausgesprochen gutes Preis/Leistungsverhältnis in Sachen Hotelzimmer aufweist. Hotels sind zwar nur in den etwas grösseren Ortschaften zu finden, weshalb wir oftmals etwas weiter fahren müssen als wir sonst gewillt gewesen wären, aber wir müssen zugeben, dass wir den Luxus eines Hotelzimmers nach einem Velotag durchaus zu schätzen wissen. Der Erholungsfaktor ist sogleich immens grösser wenn eine Dusche und ein (halbwegs) weiches Bett zur Verfügung stehen.

Die Häuser verfügen über eine klare Aufteilung: Unten wird das Vieh versorgt, im Erdgeschoss wird gekocht und gelebt und zuoberst befindet sich das Lager und Schlafgemach

Gerne hätten wir China zu beginn des 20. Jahrhunderts besucht, als alle noch mit dem Fahrrad unterwegs waren

Natürlich geht das nie ohne Aufsehen zu erregen… die kichernde Mädchenbande hat uns sogleich entdeckt
Mittlerweile haben wir uns die Bauwut der Chinesen zu Nutze gemacht und peilen jeweils die Hotels in Neubauhäusern an. Diese sind zwar vielleicht nicht direkt in der Ortsmitte, haben dafür aber einen ausgesprochen hohen Standard und sind sogar oftmals günstiger als die Bruchbuden im Zentrum. Dabei stellen wir übrigens immer wieder fest, dass die Chinesen vielleicht enorm schnell neue Häuser, Strassen, Tunnels und Brücken bauen, aber auch sehr schlampig arbeiten. Hochhäuser meiden wir deshalb tunlichst.
Eine der für uns grösseren Herausforderungen stellt meist das Finden eines Hotels dar, denn diese sind fast immer nur in chinesischen Zeichen angeschrieben. Das auswendig lernen dieser Zeichen ist schwieriger als gedacht, denn es gibt ca. fünf verschiedene Bezeichnungen für Hotel auf Chinesisch. Meist spähen wir einfach in den Eingang der Gebäude, denn praktisch alle Hotels haben eine Rezeption und ein Sofa daneben stehen. Leider haben sich einige Geschäfte anderer Berufszweige denselben Einrichtungsstandard ausgesucht, weshalb wir schon einige Male im Marmorfachgeschäft standen und nach unserer Schlaf-Geste (Handflächen aneinander an die Schläfe halten, u.U. gefolgt von Schnarchgeräuschen) verständnislose Blicke ernteten.
Über Leishan und Yongle erreichen wir schliesslich die etwas grössere Ortschaft Rongjiang und sind damit im Revier der Dong Ethnie gelandet. Diese sind bekannt für ihre geschickten Schreiner und so besuchen wir etwas ausserhalb der nächsten Ortschaft Congjiang die eindrückliche Wind and Rain Brücke, welche zwar erst 100 Jahre alt ist, aber trotzdem beeindruckt, da sie komplett ohne Nägel gebaut wurde. Hier treffen wir auch erstmals auf andere Touristen und eine touristische Infrastruktur.

Diese Miaofrau wundert sich wohl gerade, wieviele Kilos Chillies sie imstande war zum Markt zu tragen

In diesen Lokalen brauchen wir nur auf ein Gemüse zu zeigen und schon wird ein köstliches Wokgericht daraus gezaubert

Nun zu den kurioseren Angeboten – Empfindliche Gemüter sollten die nächsten paar Bilder überspringen! – Hier wird alles verwertet, bis hin zu den Innereien
Zwei hügelige Velotage später erreichen wir den Fuss der bergigen Region, an deren Hänge sich die Reisterrassen Dragons Backbone (Rückgrat des Drachens) befinden. Entgegen aller Vernunft beschliessen wir, den Drachen mitsamt unseren Velos zu besteigen. Zwar müssen wir die rund 600Hm auf 25km nach unserem Besuch wieder auf derselben Strecke zurückfahren, aber wir wollten zwei Ruhetage einlegen und liessen die Velos und Teile des Gepäcks ungern beim Ticketoffice zurück. Jedenfalls hoffen wir, dass sich der Besuch lohnen würde, denn wie immer in China muss für jede Sehenswürdigkeit massiv Eintritt bezahlt werden. Beim Beispiel dieser Reisterrassen wurden uns gleich 200 Yuan für zwei Tickets (ca. 33 CHF) abgeknöpft. Im Vergleich mit einer Hotelübernachtung (meist max. 100 Yuan für ein Zimmer) ist das doch wieder ziemlich unverschämt. Wie auch immer, die Spannung steigt – die Strasse vor uns ebenfalls. Langsam kämpfen wir uns hoch, entlang eines wunderschönen Tals, verlieren jedoch immer wieder einiges an gewonnener Höhe, da die Strasse einer Achterbahn gleicht. Staunende Augen beäugen uns aus den passierenden Touristenbussen. Wer einen Fensterplatz hat streckt uns oft entweder seinen hochgehaltenen Daumen oder die Kamera entgegen – wieder einmal kommen wir uns etwas vor wie Movie Stars. Endlich erreichen wir den Ort Dazhai und sehen die mächtigen Reisterrassen vor uns hochwachsen – ein einmaliger Anblick. Das finden auch einige der chinesischen Touristen, die uns erblickt haben und sich kaum mehr einkriegen, dass wir mit dem Velo hier hochgefahren sind.

In dieser Region leben die Yao – ein weiteres Volk kleiner, kräftiger Leute. Hier werden Gepäckstücke für Touristen die steilen Treppen hochgetragen
Es ist keineswegs normal dass in China auf uns reagiert wird, denn viele beachten uns kaum, so als würden hier jeden Tag zwei vollbepackte Langnasen mit dem Velo vorbeifahren. Anderen wiederum kippt erst mal die Kinnlade runter, wobei sie keinerlei Hemmungen zeigen, uns wie ein Unterhaltungsprogramm mehrere Minuten aus nächster Nähe zu beobachten. Danach schlendern sie weiter, aber nicht ohne sich nochmals zwei-, drei-, viermal umzudrehen. Hier muss wohl zwischen dem Entertainment-Chinesen und dem lokalen Einheimischen unterschieden werden. Ersterer ist meistens Stadtchinese, oft auch Tourist im eigenen Land, äusserst begeisterungsfähig und vielleicht etwas überdreht weil er endlich mal ein paar Tage frei hat. Er flippt beim Anblick eines jeden Steins und Grashalms aus und muss unbedingt ein Foto davon haben. Dem lokalen Chinesen hingegen begegnen wir meist in den eher ärmlichen Landesteilen Chinas, wo die Leute wohl andere Probleme im Kopf haben als sich über zwei Laowais auf Velos den Kopf zu zerbrechen.
An das angestarrt werden mussten wir uns gewöhnen, wie auch an das sonstige für uns Westeuropäer unverständliche Verhalten der Bevölkerung. Alles, was uns als Kinder beigebracht wurde, scheint hier hinfällig zu sein. Schmatzen, schlürfen und rülpsen im Restaurant? Kein Problem. Hartnäckig sitzender Schleim im Rachen lautstark hochziehen und ausspucken? Äusserst beliebt in China. In die Hand schnäuzen und das Resultat an der Hauswand abstreifen? Gerade gestern gesehen, von einer älteren Frau – problemlos, die macht das wohl jeden Tag. Um 6.30 Uhr morgens reihenweise Knallfrösche zünden? Heute morgen ohne weitere Konsequenzen geschehen.
Wir sind erstaunt und beeindruckt wie tolerant die Chinesen miteinander umgehen, besonders im Bezug auf Lärmverursacher. Egal ob privates Feuerwerk oder lautstarke Diskussionen frühmorgens auf dem Hotelflur, keiner scheint sich darüber aufzuregen. Sie sind sich gewohnt pausenlos von ihren lärmenden Mitmenschen umgeben zu sein. Auch wir üben uns in Gelassenheit, auch wenn es manchmal schwer fällt, aber anders geht es gar nicht.
Soziologisch gesehen ist es ein äusserst spannendes Land und wirft viele Fragen auf. Wie konnte sich das ganze Land so seltsam entwickeln? Ist die grundsätzlich fehlende Empathie der Chinesen genetisch bedingt? Sogar die ethnischen Minderheiten hier im Südwesten benehmen sich „chinesisch“, obwohl sie aus südostasiatischen Ländern stammen. Ist der Frontalunterricht in den Schulen schuld? Und: werden Chinesen bereits halb taub geboren?
Nichts läuft hier so, wie wir es uns gewohnt sind. Scheinbar gewonnene Erkenntnisse werden oft kurze Zeit später wieder relativiert – China respektive dessen Bewohner lassen sich nicht abschliessend einordnen, sind kaum fassbar. Trotzdem konnten wir, besonders in den letzten zwei Wochen, einige der typischen Klischees des Landes wiedererkennen: Grüne Hügel, Bambuswälder und Reisfelder? Check. Holzhäuser mit geschwungenen Dächern und ethnischen Bergvölkern? Check. Essen schlichtweg alles, auch Hunde und Ratten? Check. Chinesen sind meist in Gruppen unterwegs? Check!
Auch, oder gerade weil China mit all seinen Eigenheiten eine besondere Herausforderung darstellt und wir uns in keinem Land bisher derart fremd gefühlt hatten, geniessen wir jeden Tag in dieser einzigartigen Kultur. Nicht nur die Strassen erinnern hier an Achterbahnfahren, sondern auch unsere Gefühlslage: jeden Tag schwanken wir zwischen Verstörung, Faszination, Frust und Freude. Diese Gefühlsmischung wird sich in den nächsten Tagen noch intensivieren, der chinesische Nationalfeiertag und die damit verbundenen Ferien stehen an – ganz China ist in diesen Tagen unterwegs. Wir sind gespannt!
Sali zäme
Ach, ich liebe diese Reisterrassen! Einfach wunderschön 🙂 Mich haben sie bereits in Bali beeindruckt.
Über euren Bericht musste ich doch sehr schmunzeln 😉 Er bestätigt einige Verhaltensweisen der Chinesen, über welche ich gelesen oder gehört habe. Auch kommen mir wieder einige Situationen in den Sinn, welche ich mit Chinesen an diversen Messen im Ausland erlebt habe.
Ob landschaftlich, architektonisch oder einfach das Verhalten der Menschen, China ist doch sehr unterhaltsam.
Liebe Grüsse aus der herbstlichen Schweiz mit viel Sonne
Claudia
Wow, welch interessanter Bericht!!! und dann die Bilder mit den Reisfeldern.! Super! Ich sehe, Die Chinesen sind wirklich gaaaanz anders. Verhalten sich eigentlich die anderen Ethnien, wie Dong, Hmong, etc. auch so wie die Han-Chinesen? Kommt das Verhalten der Chinesen daher, dass sie nie “kolonisiert” wurden und lange ziemlich abgeschottet von der übrigen Welt lebten? Im Flüchtlingslager in Thailand, wo ich zwei Jahre arbeitete, lebten 60’000 Hmong, die aus dem Laos geflüchtet waren. Ich kann mich nicht erinnern, dass die sich besonders auffällig oder störend verhielten. Übrigens, wenn man vor ihnen das Wort Miao aussprach, ihre Ethnie bezeichnend, hatten sie das gar nicht gern. Man durfte nur das Wort Hmong benutzen. Lieber Miguel, stehen Dir nicht die Haare zu Berge, wenn Du gewisse Elektro-Installationen siehst? Ein Foto zeigt einen gefährlichen Kabelsalat….. Ich muss jetzt wieder schauen, dass ich eure Route im Atlas wieder finde, hatte mich letztes Mal etwas verloren. Ist halt eben China….. Radelt gut weiter. Ich freue mich auf den nächsten Bericht.
Ganz liebe Grüsse Mary-Jones
Einfach nur neidisch
Huhu
Danke für dr Bricht…ich han Freud!!
Die Aarauerfrauen sitzen mit Franziska und Guido im Restaurant Mamma Enza und hören von Eurer tollen Reise. Good luck für Euer zweites Chinavisum und❤️liche Grüsse aus BS Switzerland and Germany (Marianne, Eure WG-Genossin!)
Guguseli zämme. Das sind jo wieder Hammerbilder! Ich wünscht mir mini Chilis im Wintergarte wäre nur halb so gross wie die uf dem Märkt. Gits do e Chinadünger?
Viel Spass und gniessets!
Bisous
Hallo ihr lieben zwei, ich habe China, Hongkong auch vor 40 und 12 Jahren besucht. Da sind Quantenspünge dazwischen. Die Tschunkenstadt in Honkong mit 500’000 Einwohnern (alle lebten auf Schiffen) gab es 2002 nicht mehr. Man hat riesige Wohnblöcke aufgestellt und die Leute hineingepfercht. Monitore, Videos,Lärm überall. Nehmt euch Zeit und schaut mal in einen Spielsalon rein. Männer mit Kravatte spielen in der Mittagspause an diesen PC’s um die Wette. Inzwischen könnt ihr wohl auch Chinesisch lesen.
祝你在中国的疯狂大冒险。利伯格鲁斯,叔叔乔瓦尼